In dieser von etwa 50 000 Einwohnern bewohnten reichen Persischen Handel=Stadt so die Portugisen vor 100 Jahren besessen / und wegen ihren über= [E5r] mächtigen Stoltzes durch Hülffe der Engelländer daraus verjagt worden / ward ich eins mit einem Englischen Schiffs=Capitain welcher Englisch Tuch / Zinn und Stahl aus Europa dorthin gebracht hatte / daß ich vor Balbier und Wund=Artzt auff seinem Schiffe York genant / nach Engeland abseegeln solte: verkauffte dannenhero das mir von dem Jerusalemischen Stadthalter geschenckte Persianische Pferd vor 100 Rthalr. an einen Indienfahrer / der in selbigem Lande / allwo die Persischen Pferde theuer / wohl 400 wird empfangen haben / meines Dieners Türckische Pferd aber schenckte ich den Capitain / welcher mir davor viel Freundschaft erwieß.
Es hatte albereit unser Schiff seine gäntzliche Ost=Indische und Persische Ladung und fehlte nicht mehr / als das Wasser / welches wir aus dem gegen über auf dem Persischen Boden liegenden grossen Handel=Stadt Gamron holeten.
Uber diese Wasser Provision verlieffen 18 Tage / weil er über 2 Meilen muste hergebracht werden. In welcher Zeit ich wegen der überaus grossen Hitze viel ausstehen muste / bervoraus / weil ich nicht wiewohl unsere Compagnie that / biß an den Hals in das Wasser gehen wolte / sondern an dessen statt den unsern von denen Gamronischen Küsten stehenden wunderbahren so genandten Benjaems=Baum besuchte ; unter dessen Schatten ich mich erquickte: Dieses Baumes Zweige giengen von oben herab in die Erde / darein sie Wurtzeln geschlagen und wieder zu unzählichen Bäumen herfür gewachsen waren / so einen schönen Wald präsentirte.
Dabey traff ich einen Pfaffen an der Thüre eines Indianischen daselbst begrabenen Heiligen an / welcher mich mit frischen Wasser / Mandeln und Datteln egalirte / daneben das Grab seines vermeinten Hei= [E5v] ligen unter einem Baldachin von schönen rothen seidenen Zeuge mit brennenden Lampen / so er stets unterhielte / und jederzeit das Grab mit Türckischen Bohnen bestreuet haben muste : Inmassen viele der Indianer wie sie mir erzehlet / die Bohnen für das Behältniß der abgestorbenen Seelen mit dem Pythagoras hatten / als welcher sich lieber todt schlagen / als über ein Stück voll Bohnen stehenden Ackers sich salviren wollen.
Den 10 August=Monath 1690 wurden die Ancker unsers Schiffs nach genugsamen von mir angeschafften Medicinalien und einem genommenen höfflichen Abschied von unser dortgelassenen guten Compagnie Holl=und Engelländer unter Lösung der Canonen gelichtet : welche ersten zwar häuffiger mit Specerey und anderen Waaren aus Orient dorthin handthieren als diese / gleichwohl aber wehen des Zolles / dessen Freyheit sie wegen ihrer zur Zeit der Portugisischen Herrschafft aus Ormus dem Gehach wider Portugal angebothenen Dienste so wohl als die Engelländer geniessen solten / von dem Gamronischen Licent=Meister auch mehr als die Engelländer gehudelt werden.
Unser Cours gieng mit einem zimlich guten Winde in zwey Tagen von Ormus aus der Basorischen Bucht oder dem Golfo di Persia, dabey sich dieser Unfall begab / daß ein 9 a 10 Ellen langer grosser Raub=Fisch einen unserer besten Bohts=Leute bey seiner am untern Theil des Schiffs auswerts am Wasser vorgenommenen nöthigen function ergrif / und ihn mit seinem ungeheuren Maule voller scharffen Zähne rüchwärts liegende mit sich in dem Abgrund riß / worüber der Capitain John Barker sich sehr betrübte.
Nach diesen musten wir 6 Tage lang wegen einer grossen Stille an einem Ort liegen bleiben / da sich die Schiff=Leute mit Fischfangen und Delphinen / welche schönes wohlschmeckendes Fleisch hatten / erlustigten. Auff dies Luft aber beka= <E6r> men wir einen starcken Sturm aus Süd=Osten / welcher 3 Tagen lang anhielt / und uns in nicht geringe Gefahr / mithin gleichwohl biß an die Insul Socotera am Arabischen Meer Busen versetzte; allwo wir einen See Räuber in Grund schossen / und uns wieder mit frischem Wasser versahen und mit guten Winde in 3 Tagen unter die Leute gelangten / da derselbe sich gäntzlich legte / und uns gantze 28 Tage in der Sonnen=Hitze arretirend brahten ließ; dadurch wegen des übelriechenden Wassers uns Vieh und Menschen sturben / die weder Kraut noch Pflaster heilen konten / indem über 30 Engelländer plötzlich desperat wurden und sich selbst im Meer gantz rasend ersäuffeten.
Das von mit destillirte Wasser rettete alle / welche durch Vernunfft und guten Raht sich wolten regieren lassen. Die sich aber ihrer vermeinten Klugheit nach mit schlechtem Meerwasser zu erhalten gedachten / sturben bald. Was wir an Schweinen=Ziegen / und andern Vieh nicht schlachten konten / ward üner Bort geworffen. Endlich begunte der Wind aus Westen zu kühlen und uns einen Muth zu erwecken ; segelten demnach wieder nach letzerwehnte Insul des frischen Wassers halben zurück. Wir hatten aber kaum den halben Weg erreichtet als ein grausamer Sturm aus Norden entstund / welche uns nach dem Maldivischen Eylanden hin verschlug.
Das Ungewitter welcher mit einer übermächtigen Meeres Wuth 8 Tage lang anhielt / hatte uns allen gleichsam die Sinne benommen / alle Masten waren gekappet / und alle sonst erdenckliche præcautions genommen / das so reich beladene Schiff zu erhalten; er war aber umsonst / indem es sich leck gearbeitet hatte / und dessen herannahender Untergang den Capitain bewog / das grosse Boht auszulegen / auff welche wir uns über 100 Persohnen eilig begaben / und das Schiff vor unsern klugen zu Grunde sincken sahen. Womit auch meine gantze Haabseligkeit in einer Schatul, die in Angst vergessen war / ausser 100 Pfund Sterling / so ich samt meinem Tage=Buch bey mir trug / verschlungen ward.
Menschliche Sinnen vermögen diese unsere Noht nicht zu erreichen / weshalb ich mehr nicht gedencke / als das wir wunderbahrer weise in einem so elenden Nachen im Sturm und Meeres=Brausen eine stock=finstere Nacht hindurch in steter Todes Furcht hin und her (geschlagen wurden.
[E6v] Am Morgen beschlossen die Stärcksten vom See=Volck / die Schwächsten nebst dem so tapffern als unschuldigen Capitan / welcher an dem Verderben Schuld haben solte ins Wasser zu werffen.
Alle unsere hierwieder beygebrachte remonstrationes wurden in den noch brausenden starcken Wind geschlagen / indem sie den frommen Herrn / nebst 30 andern / worunter mein getreuer Diener auch war / mit meinem tieffsten Leidwesen und noch 2 Camronischen Frausen mit grossen Nasen= und Ohren=Ringen / so in Rinive und andern Orientalischen Oertern gülden sind in die Thurmhohe Wellen wurffen / um ihrem Vorgeben nach das Boht zu erleichtern / welches erst nach zween Tagen an eine unbewohnte Maldivische Insul zu unser Freude getrieben ward / als wir in 5 Tagen weder gepeiset noch getruncken vor Schwachheit kaum das Land betreten konten.
In welcher Mattigkeit wir mit langsamen Schritten einem aus dem vor uns liegenden Felsen hervor rauschenden Quell zunaheten / so uns allen wegen Mangel aller Dinge bereits erstorbene wieder lebendig machte.
Zu unserm Auffenthalt funden wir Dattlebäume / die uns statt des Brodts dieneten ; grosse Schild=Kröten / welche mit 2 Männern auff ihren Rücken fort kriechen könten / die uns ein wohlgeschmacktes Fleisch lieferten / und in ihren Schalen uns aus Meer=Wasser / Saltz kochen liessen.
Fische / Vögel / wilde Ziegen und Gemse / welche sich von uns mit nicht grosser Müher fangen liessen / hatten wir im überfluß / das Feuer brachten wir mit starcken reiben zweyer Höltzer zu wege.
Wie wir aber hernach unsere Œconomie und Lebens=Arth allhier in denen Hölen der Berge und Felsen angeordnet / und was zwischen uns vorgefallen / werde ich nebst andern Merckwürdigkeiten / so mir hin und wieder auff meinen Reisen fürkommen sind / und welche diese wenige Blätter meinem Vornehmen gemäß / nicht fassen können / in einem besonderen Tractat bey Gelegenheit ausführlich dem Leser vor Augen stellen.
Allhier ist noch zu bemercken nöthig / daß 40 unserer Compagnie nach erhaltenen Kräfften mit dem Boht etwa eine anderer Insul / welche sie in der nähe seyn vermeinten / <E7r> abfuhren / von welchen man / wo sie geblieben / nie etwas vernehmen können.
Unvermuhtet aber sahen wir einst als es sehr stürmete / von der Höhe eines Berges ein Schiff Ostwerts daher treiben / welchem wir durch Rauch und andern Zeichen / und nebst dem Hafen / wo man anckern könte / zu erkennen gaben ; dahero es sich nach uns zuarbeitete / und nach ausgestandener äussersten Gefahr 400 Schritt von Lande anckerte / und uns nach 14 tägiger Verweilung und seiner reparation all zu sich mit auff den Weg zum Vorgebürge der guten Hoffnung nam ; nachdem wir in die 39 Persohnen seit den 30 Septemb. 1690 biß den 12 Octobr. des 1694sten Jahres / 4 Jahr und 12 Tage daselbst verblieben waren.
Der Capitain als ein alter erfahrner Ost=Indienfahrer / nahmentlich Robert Wreet behielt die relation, welche wir ihm unsers ersäufften unschuldigen Schiffers wegen als seines redlichen Freundes abstatteten in Gedancken / sich über meinen glatten Mund wundernd / von welchem ich ihm wie allen andern einen solchen Concept machte / daß mein Geschlecht biß in Engelland verschwiegen blieb.
Unsere Fahrt liess so dann glücklich in 18 Tagen auff die Moritz=Insul / etliche Meilen von Madagascar zu. Der Capitain nebst den gantzen Schiffs=Fracht war zwar willens solche vorüber zu seegeln / der contraire Wind aber nöthigte uns ihr eine 3 tägige Visite zu geben : Dabey sich das Unglück eräugende / daß 6 Bohtsleute an einem gefangenen und gelochten Karpen sich zu tode assen : 4 andere aber so einen dergleichen umb ihn zu kochen angerühret hatten / die Hände verlahmet wurden / so daß man keinem derer Schiff=Leute mehr allhier unkennbahre Fische zu sahen / erlaubete.
Die Verlähmten aber brachte der Schiff=Medicus, nachdem er mit mir darüber conferiret / durch ein gutes Antidotum wieder zu rechte : und erfuhren wir nachhero / daß dieser gifftige Fisch viele Frantzosen und Spanier getödtet. Darüber vor denen letzten den Nahmen Torpedo bekommen hatte.
( Die hohen Gebirge waren wie ich auff dem Caffer Lande hernach auch gesehen / voller Schnee ; wobey die Eben=Höltzerne Bäume herum stunden / welche unter ihrer grünen Rind [E7v] Kohlschwartzes Holtz haben : dahergegen andere hoch roht und gantz gelbes darunter verbargen.
Wir schlachteten auch einen Vogel von grösse eines Schwans / dessen Fleisch nicht gahr werden wolte / der Magen aber in welchen wir einen Stein von mehr als einem Pfund schwer funden / war wohl zu essen : die dasigen Fleder=Mäuse hingen des Tages an den Bäumen so groß als Tauben.
Einen Tag vor unserer Abfahrt liessen 2 Holländische Schiffe nach Batavia wollend bey uns ein / welche viele neue Zeitungen von dem blutigen Kriege in Europa erzähleten ; und nach dem sich die Capitains mit darzu genöhtigter meiner Wenigkeit einander tractiret hatten / brachten wir bey guter Kühlung alle Seegel bey / verliessen die Holländer nach genommenen Abschieds=Schüffen / und bekamen nach 15 Tagen die rauhen Gebürge der Capo de bona Speranza 10 Meilen annoch von uns im Gesichte : lieffen den von denen vielen Löwen und seiner Gestalt wegen also benamsten Löwenberg vorbey / und nach einem ausgestandenen zwölffstündigen Sturm welcher bey der Capo nichts seltenes ist / in den Hafen bey dem Taffel=Berg erwünscht an.
Allhier sahe ich alles von Europæischen Völckern wimmeln / von welchen ich in meinem sechstägigen verharren viele vergnügte Stunden hatte / und mit spatziergehen in den schönen Holländischen Garten / auff der Vestung und sonst hin und wieder / als auch mit spatzierreiten auff dem sehr fruchtbahren Lande unter denen schwartzen von Fischtrahn und Eingeweide der Thiere stinckenden / aber sonst dem Munde / Zähnen / Augen und Händen nach wohlgebildeten Hottentotten / deren fast jeder entweder einen rohten oder schwartzen Hund bey sich hatte mich erlustigte / und zusahe / wie sie einem rennenden Ochsen vorlauffen und ihn auffhalten konten.
Man tractirte mich hin und wieder mit allerley schönen Fleisch von Ochsen / Schaaffen / Löffel=Gänsen / Hasen / Gemsen und deren mehr.
Man zeigte mir den am Fuß des gleich einer grossen Taffel gantz platten Taffel=Berges fliessenden süssen Fluß [F1r] imgleichen den unweit davon rinnenden Saltz=Fluß, welcher das herrlichste weisse Saltz in Menge hervorgiebt.
Ein Holländischer Kauffmann welchem in der kurtzen Zeit einen offenen Schaden am Bein heilete / zeigte mir einen in seinem Hofe gezähmten grossen Strauß, nicht minder ein See=Pferd eines Heringes groß.
Seine Schaaffe hatten gleich denen andern im Lande dicke Schwäntze von etliche 20 Pfunden schwer / mit deren dreyen er in faveur meiner unsern Schiffs=Capitain regalirte.
Dieser ging den 24. Novembr. nach eingenommener Provision unter Seegel und weil der Wind aus Süd=West uns starck in die Seegel stieß, erreichten wir unter vieler Lust in 9 Tagen die von dem Capo in die 150 Meilen gelegenen Insul St. Helena, deren Klippen sich hoch in die wolcken erstrecketen.
Wegen des uns allhier befallenen contrairen Windes aus Nord=Ost welcher 24 Stunden lang anhielt, besahe ich mit andern diese sehr fruchtbare Insul; auf welcher wir etliche Portugiesische Einsiedler antraffen, welche wegen des überflusses an allerhand Nahrung von Vögeln, wilden Thieren, Kräutern, Bäumen und absonderlich der gesunden Lufft halber sehr vergnügt lebten.
Hernach delectirten wir uns mitten im Platz=Regen / welcher uns drey mahl überfiel in unserm Schiff, an denen schönen daselbst befindlichen Austern, auch mit Angeln von gekrüm= [F1v] ten Nägeln gefangenen Fischen, richteten mit einen guten Süd=Ost=Wind nach der Küste Gvinea unsern Lauff.
Je näher wir aber derselben kamen, desto stürmichter ward das Wetter, und zwar, wie gemeiniglich bey der Linie herum zu geschehen pfleget, mit Abwechselung bald Donners, Blitzes, unbeständigen Windes und dann wieder stille.
Daher unser Schiff etliche Tage lang in die creutz um die queer gejagt, und anbey öffters von einer so grossen Menge fliegender Fische denen die Flügel in der Lufft trucken worden, bedecket ward, daß kein leerer Platz davon mehr übrig war. Welche Fische indem sie von allerley Raub=Fischen im Wasser verfolget, in die Höhe sich begeben; Da dann wieder andere Feinde als grosse schwartze Meewen, davon die gedachte Insul St. Helena, auch mehr andere Oerter voll seyn, auffpassen, und sie verschlingen.
Als wir nun endlich die Gegend der Guineischen Küsten hinter uns zurück gelegt, bekamen wir beständigen Nord=Ost=Wind, welcher gewöhnlich allhie das gantze Jahr hindurch dauret, und uns dem grünen Vorgebirge in Tagen vorüber / und so dann weiter bis an die 7 Portugalischen Habiths=Insuln, die wir aber in Ansehen des schönen Süd=Westen=Windes, welcher von hier am gemeiniglich das gantze Jahr hindurch auffs Wasser bläset nicht berührten, sondern unsere Seegel recta nach Engelland wandten: dessen äusserste Spitze von Cornwall wir mit <F2r> grossen Vergnügen in 9 Tagen erblickten, mithin durch den nicht über 50 Faden tieffen Canal am 8. Januarii 1695. Als eben die glorwürdige Königin Maria hochseelig verblichen, an das Kentische Gestade in Düns landeten.
So bald die Orientalische Compagnie dieses hörete, und vernahm, wie die obengedachte Boths=Knechte ihren Capitain mit gespielet, wurden wir Unschuldige als Zeugen vor ihrem Gericht mit citiret, allwo ich mein Schicksahl und Geschlecht zu ihrer Verwunderung offenbahrte.
Die 3 Mitschuldigen am Tode, des mehrgedachten Capitains musten in das Gefängniß, die andern wurden beschencket, und mir häuffige Gnaden=Bezeugungen erwiesen, also daß ich meiner ausgestandenen fürchterlichen Ungewitter vergessen und das Wort an mir wie schon öffters vorhin, wahr genung zu seyn bewiesen konte:
---- .---- ---- Post nubila Phoebus.
Nach dem Krachen, nach dem Knallen,
Nach dem Donner, nach dem Schallen
Kommt der helle Sonnen=Schein:
Man muß durch daß Wetter dringen
Will es heute nicht gelingen,
Wird es doch woll morgen seyn!
E N D E.